Materialien und Techniken für realistische Portraitzeichnungen

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18.09.2023 | von Chabi |

Eine Portraitzeichnung erfordert enorm viel Übung und ein gutes Fundament an anatomischen Kenntnissen. Auch für abstrakte Portraits oder Karikaturen sind ein paar Tricks sehr hilfreich. In diesem Artikel geht es jedoch um die realistische Portraitkunst und mit welchen Materialien sowie Techniken du schnelle Erfolge erzielen kannst. Denn selbst Anfänger können mit ein paar Tipps tolle Portraits zeichnen.

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Materialien für Portraitzeichnungen – Eine Auswahl

Im Grunde kannst du jedes Material verwenden, jedoch gelingen gute Ergebnisse mit bestimmten Utensilien leichter. Hier sind meine Empfehlungen, welche sich auf das traditionelle Zeichnen mit Bleistift und Kohle konzentrieren:

1. Bleistifte:

Die Grundlage für jedes Zeichnen. Das siehst du vor allem daran, dass es eine gigantische Auswahl an Marken und Arten von Bleistiften gibt. Grob unterscheiden wir zwischen harten (Stärke H), normalen (HB) und weichen (Stärke B) Bleistiften.

Die Stärke H verwende ich persönlich selten. HB ist super für Skizzen. Für einen guten Kontrast und für die Schatten nutze ich weiche Bleistifte, am liebsten B2, B4 und B8. Für sehr dunkle Stellen nehme ich B12, den schwarzen Polychromos oder Kohle.

Zudem nutze ich für Skizzen und Details einen Minenbleistift von Staedtler (0.7)*.

Wie sieht es mit den Marken aus? Gibt es hier Unterschiede?

Ja, nach meinem Empfinden schon! Einige günstige Bleistifte haben einen sehr kratzigen Abrieb und lassen sich schlecht anspitzen. Dagegen sind zum Beispiel Stifte von Caran d`Ache sooooo butterzart.

Hier meine Lieblinge:

  • Faber Castell – Die normalen Stifte, Goldfaber sowie die Pitt Matt Variante*. Die matten Stifte hinterlassen beim Zeichnen kaum Graphitschimmer, was vor allem bei sehr dunklen Bereichen super aussieht. Damit gehen diese Stifte in ihrer Eigenschaft in Richtung Kohlestifte.
  • Staedtler – Die Mars Lumograph (black)* von Staedtler haben einen mega schönen dunkler Abrieb, welcher ebenfalls an die Pitt Matt Stifte von Faber Castell erinnern.
  • Caran d`Ache – Von dieser Marke gibt es die Artist Graphite Line Grafwood Bleistifte*. Wow, was für ein langer Name. :) Diese haben einen genialen cremigen Abrieb. Auch wenn diese Stifte teurer sind, bleiben sie vorerst meine absoluten Lieblinge.

Für große Bereiche ist Graphitpulver* sehr hilfreich. Dieses trägst du vorsichtig mit einem weichen Pinsel auf die entsprechenden Stellen auf. Das Graphitpulver, welches ich habe, ist recht hell. Einige Künstler stellen deshalb ihr Pulver sogar selbst her (v.a. Kohlepulver), um die Helligkeit genauer abzustimmen.

Meine Empfehlung für Anfänger: Bleistifte von Faber Castell* (super Preis-Leistungs-Verhältnis) in der Stärke HB, 2B und 8B.

Bleistifte-zum-Zeichnen

2. Das richtige Papier

Gibt es das überhaupt? :)

Über die letzten Jahre habe ich Tonnen an Papiersorten gesammelt und einige getestet. Eine wahre Sammelleidenschaft! Wenn du einfach nur Skizzen machen möchtest, kannst du jedes Papier verwenden.

Je anspruchsvoller deine Wünsche bei einer Portraitzeichnung werden (weiche Übergänge, starke Kontraste und schöne Schattierungen), umso eher lohnt sich ein hochwertiges Papier. Die Grammatur sollte mindestens 120g/m² sein.

Diese Papiere kann ich dir mit gutem Gewissen empfehlen:

  • Lana Bristolkarton* – Ein sehr glattes, helles Papier. Dieses konnte ich bereits mehrfach für Auftragsarbeiten verwenden.
  • Hahnemühle Nostalgie* – Dieses Papier besitzt einen natürlichen Farbton, was den nostalgischen Effekt ausmacht. Bislang nutze ich es vor allem für Portraits von Verstorbenen und älteren Personen.
  • Clairefontaine Paint On* – Diese Marke besitzt viele interessante Papiersorten mit einer guten Qualität. Darunter zählen die Mixed Media Papiere Naturel, Lisse, Gris und Noir. Im Laden findest du dieses Papier oft als kompakten Block mit mehreren Papiersorten in A5.

Wenn du viel mit Kohle arbeiten möchtest oder besonders Wert auf dunkle Flächen legst, dann empfehle ich dir ein Bristol Papier mit leichter Struktur wie zum Beispiel das viel umworbene Strathmore Bristol (vellum surface)* oder das Arches Aquarellpapier*.

Meine Empfehlung für Anfänger: Halte Ausschau nach glattem Papier. Prüfe die Haptik, die Grammatur sowie die Farbe des Blattes. Gerade glattes Papier gibt es günstig in der Drogerie (meist als Papierkarton bezeichnet). Damit arbeite ich heute auch noch mega gerne.

3. Radiergummi

Meiner Meinung nach wird dieses Werkzeug unterschätzt. Es ist nicht nur super, um Fehler zu korrigieren, du kannst damit auch Effekte erzeugen und Highlights setzen. Ich verwende folgende Radiergummi-Arten:

Radiergummis-für-Portraitzeichnungen

Vielleicht fragst du dich, warum jemand so viele unterschiedliche Arten braucht?

Im Grunde reicht ein Knetradiergummi und ein guter Radierstift vollkommen aus. Je nachdem, wie detailliert du deine Portraits zeichnen möchtest oder ob es bestimmte Effekte geben soll (z.B. Hintergrund mit Bokeh), sind bestimmte Radiergummis ideal dafür. Mit sehr dünnen Radiergummis lassen sich auch kleine Stellen radieren und Details herausarbeiten, während ein elektrischer Radierer für das punktuelle Setzen von kräftigen Highlights geeignet ist.

Den Knetradiergummi kannst du super für großflächige und kleinere Bereiche einsetzen. Wenn du ihn zu einer Wurst rollst :), dann kannst du ihn wie Nudelholz über das Blatt bewegen. Das mache ich oft, um z.B. Skizzen aufzuhellen.

4. Kohle

Eine einfache Alternative für Bleistifte, wo es vor allem auf dunkle Bereiche ankommt. Jedoch mögen Kohlestifte nicht jedes Papier. Richtig gut lässt sich Kohle auf Papier aufbringen, welches eine leichte Textur besitzt. Bei glattem Papier bedarf es etwas Übung und ein paar Tricks.

Wenn du glattes Papier verwenden möchtest, empfehle ich dir Kohlestaub, welchen du mit einem Tuch, Pinsel oder etwas Watte vorsichtig einarbeitest. Einige Künstler verwenden diesen Kohlestaub mit einer chemischen Lösung, wodurch der Auftrag noch leichter gelingt. Jedoch sind viele Lösungsmittel gesundheitlich bedenklich, weshalb ich diese Option noch nicht getestet habe.

Meine Empfehlung, wenn du mit Kohle starten möchtest:

Die Kohlestifte von Conté à Paris* oder Generals sind sehr gut. Kohlestaub mache ich meist aus diesen Stiften selbst (in geringen Mengen). Ansonsten eignen sich auch die Bricks von Faber Castell, jedoch habe ich hiermit wenig Erfahrung sammeln können.

Portrait mit Kohle

5. Weitere Materialien für eine Portraitzeichnung

Es gibt noch viele weitere Hilfsmittel, welche ich mit der Zeit sehr lieben gewonnen habe.

Vor allem sind es die verschiedenen Verblendungsmöglichkeiten, um einen zarten, weichen Effekt zu erzielen. Hier empfehle ich Estomben, weiche Pinsel (kann auch ein Kosmetikpinsel sein), Klopapier (zum Verwischen des Graphits!!) oder Watte.

Super sind auch weiße Gelstifte* (z. B. für die Highligts der Augen), getöntes Papier (wenn du v. a. mit weißer Kohle arbeitest) oder auch Pastelkreiden. Durch das Pigmentpulver der Kreiden lassen sich im Portrait ebenfalls Verwischeffekte erzielen, Bereiche aufhellen oder abdunkeln. Ich nutze gerne verschiedene Grautöne, Schwarz sowie Weiß von Stabilo* (CarbOthello).

Ich liebe starke Kontraste im Bild, weshalb ich für meine Portraitzeichnung oft auf ein deutliches Schwarz angewiesen bin. Hier teste ich bereits seit einigen Jahren viele Optionen und bislang finde ich Kohle, den schwarzen Polychromos* und den schwarzen Stift von Caran d`Ache Luminance* am Effektivsten. Das Schwarz von PanPastel soll ebenfalls super geeignet sein. Diese Möglichkeit werde ich die nächsten Tage testen.

Falls du hier noch einen Tipp hast, bin ich immer offen dafür! :)

Ein weiteres, tolles Tool für die Detailverliebten ist das Nail Tool*. Damit lassen sich sehr feine Details einzeichnen (z.B. Haare, Fell).

Stifte,-Pinsel-und-Lineale-für-Portraitzeichnungen

Techniken für realistische Portraitzeichnungen

Du hast dich für die Materialien entschieden? Super!

Dann zeige ich dir ein paar meiner liebsten Techniken, mit denen du gute Erfolge beim Zeichnen erzielen kannst.

  1. Hilfsgitter – Das Hilfsgitter, auch Grid-Methode genannt, hilft dir super, um Proportionen genauer zu erkennen und zu platzieren. Dafür zeichnest du dieses Hilfsmittel auf dein leeres Papier und auf deine Referenz. Bei einer digitalen Referenz müsstest du dieses Gitter in den richtigen Maßen aufsetzen. Wie das genau funktioniert, erfährst du in diesem Artikel zum Hilfsgitter.
  2. Schichten – Mit Hilfe dieser Technik kannst du Tiefe und weiche Übergänge erzeugen. Wenn ich zum Beispiel das Fell von einer Mietz zeichne (siehe Bild), fange ich mit einer hellen Graphitschicht an und arbeite eine etwas dunklere Schicht (Fellstriche) darüber. Dann kommen immer dunklere Striche dazu. Zwischendurch verblende ich die einzelnen Schichten leicht mit einem Pinsel, radiere dann mit einem dünnen Radierstift helle Fellstrukturen wieder heraus. Dann kommen wieder vereinzelte dunkle Striche hinzu, um den Kontrast erneut zu erhöhen (je nach Referenz).
  3. Highlights – Durch eine Hervorhebung von Licht, kannst du ebenfalls für mehr Kontrast und Lebendigkeit im Bild sorgen. Dafür radierst du an der entsprechende Stelle das Graphit leicht oder deutlich weg (je nach Referenz ist es z. B. die Nasenspitze, Lichtpunkte im Auge, Wange). Highlights setze ich meist zum Schluss.
Entstehung-eines-Bildes

Neben diesen Techniken gibt es noch einige historische Methoden. Zum Beispiel verwendeten Künstler wie Albrecht Dürer oder Leonardo da Vinci eine Methode, bei dem ein Portrait nur mit Linien gezeichnet wurde. Das wirkt dann wie eine detailliertere Skizze.

Auch verwendete Leonardo die sogenannte Sfumato-Technik, bei der die Schattierungen sehr weich und nahtlos gezeichnet wurden. Damit waren die Konturen fast unsichtbar.

Eine weitere beliebte Technik war die Grisaille, bei der ein Portrait nur in Grautönen gemalt wurde. Besonders in der Renaissance war dies beliebt gewesen. Ich selbst verwende diese Technik bei meinen digitalen Portraits. Sobald das Portrait in diesen Grautönen fertig ist, kommt die Farbe oben drauf (mit Hilfe des Ebenenmodus Farbe oder Farbton). Hierzu werde ich noch einen Artikel veröffentlichen.

Fazit

Jeder kann eine Portraitzeichnung anfertigen. Du brauchst kein Talent, sondern einfach unfassbar viel Übung, Geduld und die Kenntnisse über ein paar Techniken. Mit entsprechenden Material kann es noch um einiges leichter werden.

Es ist vollkommen normal, dass man am Anfang vermutlich kein hyperrealistisches Bild zeichnen kann. Kunst ist ein Handwerk und braucht Aufmerksamkeit und Hingabe. Selbst bei abstrakten Portraits oder Karikaturen kann jeder hineinwachsen, wenn Interesse besteht.

Wie schaut es bei dir aus? Nutzt du diese Materialien bereits und kanntest du die Techniken? Welche kennst du sonst noch?

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